Small pleasures of life IV
ein städtisches Wohnhaus in Zürich

Small Pleasures of Life heisst eine Skizzenreihe von Alison und Peter Smithson. Die episodenhaften Zeichnungen von alltäglichen Wohnsituationen beleuchten funktionale Themen, regen aber gleichzeitig die Sinne an und lassen der Vorstellungskraft Raum, um sich das ‘Dazwischen’ auszumalen.

Aufgabe Im Frühlingssemester 2022 beschäftigen wir uns mit dem Thema Wohnen. Die Königsaufgabe des Architekten ist einfach und schwierig zugleich, sie erfordert Präzision, Knochenarbeit und Fantasie. Dem Menschen eine Behausung zu bieten ist die vielleicht älteste, sicher aber die elementarste Aufgabe der Architektur. Die Grundbedürfnisse – Schutz und Komfort – haben sich im Laufe der Zeit wenig verändert, wohl aber die Wohnformen, die Art und Weise, wie wir zusammenleben. Gerade in den zwei vergangenen Jahren ist dem Wohnprogramm eine zusätzliche Funktion zugewachsen: Neben dem Wohnen soll nun auch Platz geschaffen werden zum Arbeiten. Dieses neue Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten wird auch uns im kommenden Semester beschäftigen.

Vorgehen Ganz im Sinne von Smithsons ‘Small Pleasures of Life’ untersuchen wir zuerst die elementaren Situationen des Wohnens und fragen uns: Was braucht es, damit eine alltägliche Wohnsituation zum räumlichen Erlebnis wird? Was macht die Einzigartigkeit einer Wohnung aus, dass ich sie trotz knapper Fläche nicht gegen eine grössere tauschen möchte? Kann ich mir in meiner Wohnung einen schönen Arbeitsplatz einrichten, ohne dafür ein weiteres Zimmer zu benötigen?

Zunächst ‘rekonstruieren’ Sie anhand von Bildern ausgesuchter Innenräume bestehender Häuser Grundriss und Schnitt und erfinden dabei Neues. Durch das exakte Beobachten von Referenzbauten und durch die Lektüre von Textauszügen erarbeiten Sie sich einen Wissensschatz über unterschiedlichste Elemente einer Wohnsituation – von der Küche über die Treppe bis zum Stauraum. Darauf aufbauend entwickeln Sie eine eigene Wohnidee und entwerfen einen ‘idealen’ Wohnungsgrundriss, in welchem die eingangs studierten Situationen eine tragende Rolle spielen. Erst jetzt kommen Sie zum Bauplatz. Mit der Wahl einer geeigneten Parzelle verorten Sie Ihre ’ideale’ Wohnung im Stadtraum und passen sie den Gegebenheiten der spezifischen Situation an.

Standort Wir haben drei attraktive Bauplätze mit unterschiedlichen Eigenschaften in der Stadt Zürich ausgewählt. Auf unternutzten Parzellen mit wesentlichen Ausnützungsreserven, deren städtebauliche Gegebenheiten durch die nachbarschaftliche Bebauung bereits stark bestimmt sind, entwerfen wir Neubauten. Die Herausforderung der erhöhten Dichte erfordert Erfindergeist und Experimentierfreude. Mit räumlich überraschenden Lösungen wollen wir den Beweis antreten, dass architektonischer Reichtum beengte Platzverhältnisse vergessen machen kann. Denn Verdichtung durch mehr Baumasse alleine macht keinen Sinn. Unter Verdichtung verstehen wir vielmehr eine grössere Anzahl Bewohner und ein vielfältigeres Angebot auf gleicher Fläche. Nur so ist Verdichtung auch nachhaltig und trägt zur Belebung des Quartiers bei.

Konstruktion ‘[...] Der architekt hat etwa die aufgabe, einen warmen, wohnlichen raum herzustellen. Warm und wohnlich sind teppiche. Er beschließt daher, einen teppich auf den fußboden auszubreiten und vier aufzuhängen, welche die vier wände bilden sollen. Aber aus teppichen kann man kein haus bauen. Sowohl der fußteppich wie der wandteppich erfordern ein konstruktives gerüst, das sie in der richtigen lage erhält. Dieses gerüst zu erfinden, ist die zweite aufgabe des architekten.‘[...] schreibt Adolf Loos in, „Das Prinzip der Bekleidung“, 1898. In einem kürzlich erschienen Artikel bezieht sich auch die Architekturkritikerin Sabine von Fischer auf das Textile und fordert von der Wohnung ‘Der Schnitt einer Wohnung muss so gut sitzen wie ein Kleid; anschmiegsam für die Gemütlichkeit und mit Spielraum für die Bewegung’.

Der Charakter und die Ausformung Ihres Grundrisses führen zur Wahl einer passenden Tragstruktur und Materialisierung. Dabei bilden die inhärenten Bedingungen der gewählten Bauweise und des zugehörigen Materials sowie die Parameter des Ortes den Rahmen für Ihren Entwurf einer zeitgemässen städtischen Wohnung.

Werkzeug Die hypothetische ‘Rekonstruktionszeichnung’ und das Massnehmen sind ebenso Entwurfs- und Arbeitsmittel, wie die Collage und der Möblierungsplan. Neben dem Planzeichnen arbeiten wir vorwiegend mit physischen Modellen und Photographie. In einem ganztägigen Workshop zu Beginn des Semesters führt ein ausgewiesener Modellfotograf und Architekt in die Geheimnisse der Modellfotografie ein. Weitere Themen sind Typologie, Struktur, Konstruktion und Material. Entsprechend der gewählten Konstruktionsweise entwerfen Sie auch ein konstruktives Detail. Wir werden uns auch mit Fragen der Typologie im Wohnungsbau beschäftigen. Anhand einer Betrachtung von grundlegenden Wohnungstypen werden Sie Ihren eigenen Entwurf innerhalb der verschiedenen Typologien einordnen.

Das Semester wird mit Inputs zu den einzelnen Werkzeugen und zum Thema Wohnungsbau begleitet. Eingeladene Architektinnen und Architekten ergänzen mit Gastvorträgen das Programm. Im der Mitte des Semesters ist eine Exkursion nach Basel geplant. Wir werden unterschiedliche Wohnungen 1:1 vor Ort besuchen.

Small pleasures of life IV. ein städtisches Wohnhaus in Zürich