Small Pleasures of Life II
Wohnen am rechten Zürichseeufer

Im Frühlingssemester widmen wir uns dem Entwurf von Wohnbauten auf dem Areal der Chemiefabrik Uetikon. Grundlage für unseren Entwurf bildet ein im Herbstsemester erarbeiteter Masterplan. Damit unterstützen wir unsere Hypothese von der Stadt am Wasser und arbeiten weiter an unserer Wahrnehmung des Areals neues Zentrumsgebiet am rechten Zürichseeufer.

Wir konzentrieren uns dabei auf den Westen des Areals, wo durch den Abriss von Lagerhallen zwei grosse Baufelder frei werden, und entwerfen Wohnbauten mit einer hohen Dichte. Wir reagieren mit einer moderaten Urbanität auf die neuen Gegebenheiten, welche die Nachbarschaft zu den öffentlichen Nutzungen an der seeseitigen Gleispromenade mit sich bringt, und suchen adäquate Lösungen für das Erdgeschos an einem Ort, wo der Baugrund kein Untergeschoss zulässt.

Einordnung
Die Zersiedlung ist in aller Munde, und während über die Notwendigkeit einer inneren Verdichtung der Kernstädte weitgehend Einigkeit herrscht, hat sich über die richtige Vorgehensweise an den Rändern der Siedlungsgebiete und in den Agglomerationen eine rege Debatte entwickelt. Wir verdichten auf einem bereits bebauten Areal, ohne neues Land in Anspruch zu nehmen, und kritisieren in erster Linie den grossen Flächenverbrauch in Gebieten, wo viel Raum zur Verfügung steht. Wir wollen dabei den Beweis antreten, dass architektonischer Reichtum ein geringes Raumangebot vergessen machen kann. Im Sinne eines Beitrags zu einer echten Verdichtung erarbeiten wir – der privilegierten Lage am See zum Trotz – knappe Grundrisslösungen mit möglichst grosser räumlicher Qualität. Damit erforschen wir Alternativen zur heutigen Tendenz, Ersatzneubauten mit deutlich vergrössertem Gebäudevolumen zu realisieren, welche nur einen geringen Zuwachs der Bewohnerzahl ermöglichen. Dieser Herausforderung stellen wir uns und suchen mit Erfindergeist nach räumlich überraschenden Lösungen.

Bereits Adolf Loos konnte in seinen Bauten in der Wiener Werkbundsiedlung belegen, dass seine Idee des Raumplans als eine eigentliche Ökonomie des Raums funktioniert, indem sie innerhalb der beengten Platzverhältnisse eines Arbeiterhauses eine unerwartete Grosszügigkeit ermöglicht. Noch viel eindrücklicher tritt Le Corbusier in seinen Unités d’habitation die Beweisführung an, dass ein Wohnbau mit einer kaum für möglich gehaltenen Dichte durch die Kombination eines tragfähigen Konzepts mit gezielten architektonischen Massnahmen im Detail zum architektonischen Meisterstück entwickelt werden kann.

Small Pleasures of Life
Alison und Peter Smithson haben sich eingehend mit der Weiterentwicklung tradierter Wohnvorstellungen auseinandergesetzt. Ihre Skizzenreihe „Small Pleasures of Life“ zeigt eine subjektiv geprägte, episodenhafte Wahrnehmung spezifischer Qualitäten des Wohnalltags. Die Zeichnungen beleuchten funktionale Themen, regen aber gleichzeitig die Sinne an und lassen Raum, um sich das „Dazwischen“ auszumalen.

Exakt auf diese Weise wollen wir uns an die Entwurfsaufgabe eines städtischen Wohnhauses annähern. Durch den Besuch von Referenzbauten, exaktes Beobachten sowie das Studium von Textauszügen erarbeiten Sie sich einen Wissensschatz über unterschiedlichste Elemente einer Wohnsituation – von der Küche über die Treppe bis zum Stauraum. Darauf aufbauend entwickeln Sie eine Wohnidee und entwerfen einen idealen Wohnungsgrundriss, in welchem die eingangs studierten Situationen eine tragende Rolle spielen.

Durch die Wahl des geeigneten Bauplatzes im Quartier verorten Sie Ihre Wohnung und passen sie an die Gegebenheiten des Ortes an. Sie lernen dabei Grundsätze über Grundrisstypologien, Bautiefen, Orientierung und den Bezug zum Aussenraum kennen und entwickeln Ihre Wohnidee mit diesem Wissen zum Geschossgrundriss weiter. Aus Ihrer Grundrissfigur leiten Sie die Bauweise für Ihr Projekt ab:

[...] Der architekt hat etwa die aufgabe, einen warmen, wohnlichen raum herzustellen. Warm und wohnlich sind teppiche. Er beschließt daher, einen teppich auf den fußboden auszubreiten und vier aufzuhängen, welche die vier wände bilden sollen. Aber aus teppichen kann man kein haus bauen. Sowohl der fußteppich wie der wandteppich erfordern ein konstruktives gerüst, das sie in der richtigen lage erhält. Dieses gerüst zu erfinden, ist die zweite aufgabe des architekten. [...] (Adolf Loos, „Das Prinzip der Bekleidung“, 1898)

Mit Ihrem Gebäudevolumen bauen Sie weiter am geschützten Ortsbild und hinterfragen allenfalls die vorgegebene Ordnung. Die Bedingungen der jeweiligen Bauweise und die Parameter des Ortes bilden den Rahmen für den Entwurf einer zeitgemässen städtischen Fassade.

Im Laufe des Semesters entwickeln Sie eine spezifische Wohnform für das Wohnen am Seeufer, welche durch unterschiedlichste Nutzer bewohnt werden können. Ihre Entwürfe verankern Sie im Areal der Chemie Uetikon und setzen sich mit der Fassadentiefe ebenso auseinander wie mit dem privaten Aussenraum und dem Entwurf einer Erschliessungsfigur von der Strasse bis zur Wohnung.

Einblicke in Semesterverlauf und Resultate

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